Pigmentierte Gesichtsläsionen: Wenn Gut und Böse sich ähneln

Dermatoskop
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Pigmentierte Läsionen im Gesicht stellen Dermatolog:innen immer wieder vor diagnostische Herausforderungen. Besonders bei Patient:innen mit chronisch lichtgeschädigter Haut ist die Differenzierung zwischen benignen Veränderungen, wie solaren Lentigines, seborrhoischen Keratosen oder pigmentierten aktinischen Keratosen, und malignen Tumoren, wie Lentigo maligna (LM) oder Lentigo-maligna-Melanom (LMM), nicht immer einfach. Die visuelle Ähnlichkeit erschwert eine sichere Einordnung, obwohl die Standarddermatoskopie mit 30-facher Vergrößerung (D30) eine bewährte Methode zur Mustererkennung ist.

High-Tech schafft neue Einblicke

Doch auch die D30 stößt an ihre Grenzen. Die Unterscheidung gelingt häufig nicht eindeutig, weil sich die dermatoskopischen Kriterien zwischen benignen und malignen Läsionen überlappen. Hier kommt die hochauflösende Dermatoskopie mit 150-facher Vergrößerung (D150) ins Spiel und eröffnet neue Möglichkeiten: Zum ersten Mal können einzelne pigmentierte Zellen wie Melanozyten oder Keratinozyten nicht-invasiv sichtbar gemacht werden. Besonders bei unklaren Befunden ist das ein echter Gamechanger. Eine weitere Innovation ist die Fluoreszenz-gestützte Videodermatoskopie (FAV). Diese Technik nutzt die körpereigene Autofluoreszenz von Melanin und Hämoglobin, um in Echtzeit graustufenbasierte Bilder in zellulärer Auflösung zu liefern. Das eröffnet eine zusätzliche diagnostische Dimension, vor allem bei flachen pigmentierten Läsionen im Gesicht. Noch steckt FAV in den Kinderschuhen, doch erste klinische Erfahrungen sind vielversprechend.

Retrospektive Analyse bringt Licht ins Dunkel

Eine aktuelle Untersuchung am Universitätsklinikum Siena verglich D30, D150 und FAV im Hinblick auf ihre Aussagekraft bei pigmentierten Gesichtsläsionen. Über 80 Patient:innen mit Läsionen im Gesichtsbereich – vor allem an Wangen, Nase und Stirn – wurden zwischen November 2023 und Juni 2024 untersucht. In rund der Hälfte der Fälle erfolgte eine histologische Abklärung. Erfasst wurden dabei verschiedene Läsionstypen, darunter LM, LMM, Basalzellkarzinome (BCC), Nävi sowie verschiedene Formen aktinischer oder seborrhoischer Keratosen. Die Analyse basierte auf standardisierten dermatoskopischen Kriterien. Erfahrene Dermatolog:innen bewerteten die Bilder unabhängig und verblindet.

D30: Altbewährt, aber nicht allwissend

Bei der klassischen 30-fachen Vergrößerung zeigte sich: LM und LMM wiesen signifikant häufiger klassische Malignitätszeichen auf. Dazu zählten unter anderem ein blau-weißes Schleiermuster, Regressionsstrukturen, asymmetrisch pigmentierte Follikelöffnungen und angulierte Linien. Gutartige Läsionen hingegen präsentierten sich typischerweise mit breiten, weißen Follikelöffnungen oder einem Pseudonetz-Muster. Die D30 bleibt damit ein unverzichtbares Werkzeug für den ersten Eindruck – doch gerade bei Grenzfällen braucht es mehr.

D150: Detailverliebte Detektivarbeit auf Zellebene

Mit der 150-fachen Vergrößerung wurden deutlich differenziertere zelluläre Merkmale sichtbar. LM/LMM zeigten häufiger runde oder dendritische Melanozyten, Melanophagen sowie pigmentierte Areale ohne klare Papillenstruktur. Auch multiple Brauntöne und violett-bläuliche, strukturlose Zonen waren typische Hinweise auf maligne Veränderungen. Bei gutartigen Läsionen dominierten hingegen gleichmäßig verteilte Keratinozyten. Spannend auch: Bei BCCs konnten charakteristische arborisierende Gefäße deutlich identifiziert werden – ein wichtiger Differenzialpunkt in der Diagnostik.

FAV: Neue Technologie mit großem Potenzial

Die FAV-Methode zeigte sich ebenfalls als hilfreich: In LM/LMM fanden sich deutlich häufiger große, klar begrenzte Zellen, dendritische Strukturen und freie Melaninanteile. Die Übereinstimmung mit den D150-Befunden war hoch, auch wenn bei einzelnen Parametern leichte Abweichungen bestanden. Damit ist FAV nicht nur eine interessante Ergänzung, sondern bietet auch ein praktikables diagnostisches Backup insbesondere in Fällen, in denen D150 nicht verfügbar ist.

Drei Techniken – ein Ziel: Sicherere Diagnosen

Was bedeutet das für die klinische Praxis? Die Kombination aus D30, D150 und FAV liefert einen diagnostischen Dreiklang mit hoher Aussagekraft. Während D30 ein breites Bild bietet und klassische Muster sichtbar macht, geht D150 in die Tiefe der Zellstruktur. FAV liefert zusätzliche Einblicke durch fluoreszenzbasierte Kontraste. Für Dermatolog:innen, die regelmäßig mit pigmentierten Läsionen konfrontiert sind, bietet der Einsatz dieser komplementären Verfahren einen echten Mehrwert – nicht zuletzt im Sinne der Sicherheit der Patient:innen.

Quellen:

D’Onghia et al. (2025): Zoom-in Dermoscopy for Facial Tumors. Diagnostics, DOI: 10.3390/diagnostics 15030324.

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