Gehen gegen Rückenschmerzen: Neue Studiendaten zeigen Präventionserfolg

Nordic Walking in der Natur
© KI-generiert (Adobe Firefly)

Chronische Rückenschmerzen gehören weltweit zu den häufigsten Gesundheitsproblemen und führen zu erheblichen Einschränkungen im Alltag. Trotz zahlreicher Präventionsprogramme bleibt die Frage, wie das Risiko wirksam gesenkt werden kann, aktuell. Eine norwegische Kohortenstudie, veröffentlicht im JAMA Network Open (DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2025.15592), liefert Belege: Die tägliche Dauer des Gehens hat einen deutlichen Einfluss auf das Risiko für chronische Schmerzen im unteren Rücken, während die Intensität der Bewegung eine untergeordnete Rolle spielt.

Chronische Rückenschmerzen: Häufigkeit und Folgen

Chronische Rückenschmerzen sind laut WHO die häufigste Einzeldiagnose unter den muskuloskelettalen Erkrankungen und betreffen weltweit Hunderte Millionen Menschen. Sie stellen eine der führenden Ursachen für Einschränkungen der Mobilität und Alltagskompetenz dar und sind der häufigste Grund für Rehabilitationsbedarf. Besonders gravierend ist, dass Rückenschmerzen maßgeblich zu den weltweit verlorenen gesunden Lebensjahren durch Behinderung beitragen und Menschen aller Altersgruppen betreffen. Die WHO hebt hervor, dass chronische Rückenschmerzen nicht nur die Lebensqualität massiv beeinträchtigen, sondern auch die Fähigkeit zur Erwerbsarbeit und zur gesellschaftlichen Teilhabe einschränken. Häufig gehen sie mit psychischen Problemen und weiteren chronischen Erkrankungen einher, was den Teufelskreis aus Schmerz, Inaktivität und weiterem Funktionsverlust zusätzlich verstärkt.

Die HUNT-Studie: Objektive Daten zu Bewegung und Rückenschmerz

Die Trøndelag Health Study (HUNT) schloss mehr als 11.000 Erwachsene ohne chronische Rückenschmerzen zu Studienbeginn ein. Zwischen 2017 und 2019 wurden tägliche Gehzeit und Gehintensität mithilfe von Beschleunigungssensoren objektiv gemessen. Nach durchschnittlich 4,2 Jahren gaben 14,8 % der Teilnehmenden an, mindestens drei Monate im Jahr unter chronischen Schmerzen im unteren Rücken gelitten zu haben.

Die Analyse zeigte: Längere tägliche Gehzeiten waren mit einem geringeren Risiko für chronische Rückenschmerzen assoziiert. Besonders deutlich war der Effekt bei der Gehzeit: Im Vergleich zu weniger als 78 Minuten Gehen pro Tag lag die Risikoreduktion bei 78–100 Minuten bei 13 %, bei 101–124 Minuten bei 23 % und bei mindestens 125 Minuten bei 24 %.
Die Autor:innen betonen, dass vor allem die tägliche Gehdauer zum Schutz vor chronischen Schmerzen im unteren Rücken beiträgt, während eine Steigerung der Gehintensität über ein moderates Maß hinaus keinen weiteren Vorteil bringt.

Prävention im Alltag: Bewegung als Schlüssel

Die Ergebnisse der aktuellen Studie bestätigen die Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften: Regelmäßige Bewegung ist eine der effektivsten Maßnahmen zur Vorbeugung von Rückenschmerzen. Bereits moderate, aber längere Gehzeiten im Alltag zeigen einen klaren präventiven Effekt – besonders für Menschen, die intensive Sportarten nicht ausüben können.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt Erwachsenen mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche, wobei Gehen als besonders zugängliche Form gilt. Die S3-Leitlinie „Rückenschmerz bei Kindern und Jugendlichen“ (AWMF-Registernummer 027-070) empfiehlt, normale Alltagsaktivitäten aufrechtzuerhalten und gezielte Bewegungsprogramme zur Prävention und Behandlung zu nutzen. Die Leitlinie betont außerdem, dass regelmäßige Bewegung das Risiko für muskuloskelettale Beschwerden senkt.

Wie sehr sich Bewegung im Alltag auswirken kann, zeigt ein Beispiel:

Ein 60-jähriger Mann, der nach einer Bandscheibenoperation weiterhin unter chronischen Rückenschmerzen litt, entschied sich, tägliche Spaziergänge fest in seinen Tagesablauf zu integrieren. Anfangs waren die Strecken kurz und das Tempo gemächlich, doch mit der Zeit steigerte er sowohl Dauer als auch Regelmäßigkeit. Nach einigen Monaten berichtete er nicht nur von einer deutlichen Linderung seiner Schmerzen, sondern auch von mehr Energie und Lebensfreude.

Fazit:

Jetzt ist der Moment, die eigenen Gewohnheiten zu hinterfragen: Die norwegische Studie zeigt eindrucksvoll, dass schon 100 Minuten Gehen am Tag das Risiko für chronische Rückenschmerzen deutlich senken können – unabhängig davon, wie schnell man unterwegs ist. Entscheidend ist, überhaupt in Bewegung zu kommen und dranzubleiben. Wer regelmäßig spazieren geht, investiert aktiv in seine Rückengesundheit und Lebensqualität.

Die Ergebnisse machen Mut: Es braucht keinen Marathon, sondern einfach mehr Alltagsbewegung, um sich wirksam vor chronischen Rückenschmerzen zu schützen.
Nutzen Sie diese Erkenntnisse für sich: Bauen Sie Bewegung bewusst in Ihren Tag ein, motivieren Sie andere dazu und sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, wie Sie Gehen gezielt zur Prävention und Therapie einsetzen können. Ihr Rücken wird es Ihnen danken!

Quellen:
  • Haddadj, R., et al. "Volume and Intensity of Walking and Risk of Chronic Low Back Pain." JAMA Network Open, 2025. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2025.15592
  • Deutsches Ärzteblatt: Längeres Gehen im moderaten Tempo könnte vor chronischen Rückenschmerzen schützen. 2025. https://www.aerzteblatt.de/news/rubriken/medizin/langeres-gehen-im-moderaten-tempo-konnte-vor-chronischen-ruckenschmerzen-schutzen-41362828-f007-4c3f-afdd-d3d6ff14cb97 (abgerufen am 18.06.2025).
  • AWMF: S3-Leitlinie „Rückenschmerz bei Kindern und Jugendlichen“ (Registernummer 027-070), 2021. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-070 (abgerufen am 18.06.2025).
  • Weltgesundheitsorganisation (WHO): Physical activity. 2020. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/physical-activity (abgerufen am 18.06.2025).
  • World Health Organization: "Musculoskeletal conditions." 2023. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/musculoskeletal-conditions (abgerufen am 18.06.2025).
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