Strahlenexposition und Hautgesundheit im Zusammenspiel

Hautmikrobiota – mehr als nur harmlose Begleiter
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Unsere Haut ist täglich einer Vielzahl von Strahlungsarten ausgesetzt – vor allem nicht-ionisierender Strahlung wie UV-Licht, Radiofrequenzen und Mikrowellen. Diese können sowohl thermische als auch nicht-thermische Schäden verursachen, die sich in vorzeitiger Hautalterung und anderen Hautveränderungen äußern. Doch die eigentliche Herausforderung ist die ionisierende Strahlung, die häufig in der Krebstherapie eingesetzt wird. Mehr als 90 % der Patient:innen, die eine solche Therapie erhalten, entwickeln eine Radiodermatitis, also eine Hauttoxizität mit teils schweren Symptomen wie Entzündungen, Pigmentstörungen bis hin zu chronischen Schäden und sogar erhöhtem Hautkrebsrisiko. Diese Nebenwirkungen beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen teils massiv und können den Therapieerfolg gefährden.

Hautmikrobiota – mehr als nur harmlose Begleiter

Die menschliche Haut ist nicht nur eine Schutzbarriere, sondern beherbergt ein komplexes Ökosystem aus Mikroorganismen, das sogenannte Hautmikrobiom. Dieses Mikrobiom ist essenziell für die Hauthomöostase, hilft bei der Abwehr von Krankheitserregern und beeinflusst das Immunsystem.

Ein gestörtes Mikrobiom kann Hautkrankheiten begünstigen. Interessanterweise haben sich bisher die meisten Studien vor allem auf die Auswirkungen von UV-Strahlung auf das Hautmikrobiom konzentriert. Andere Strahlungsarten, insbesondere die therapeutische ionisierende Strahlung, wurden nur unzureichend untersucht. Genau hier setzt eine aktuelle Studie an.

Kausale Zusammenhänge aufdecken

Zum ersten Mal wurde mittels einer bidirektionalen Zwei-Stichproben-Mendel’schen Randomisierung (MR) den kausalen Zusammenhang zwischen Hautmikrobiota und strahleninduzierter Hauttoxizität untersucht. Die Analyse ergab 33 kausale Zusammenhänge zwischen Hautmikrobiota und strahleninduzierter Hauttoxizität. Besonders auffällig: Einige Bakterien erhöhen deutlich das Risiko für Hautschäden, während andere sogar protektiv wirken.

Bakterielle Risikofaktoren

Die Gattung Staphylococcus, insbesondere Staphylococcus hominis, steht als starker Risikofaktor im Fokus. Staphylokokken sind dominante Hautbewohner, können aber durch Biofilmbildung und Antibiotikaresistenz pathologisch werden.

Auch andere opportunistische Bakterien wie Actinomycetales, Alphaproteobacteria, Rhodobacteraceae und Corynebacteria sind mit einem erhöhten Risiko verbunden. Corynebakterien könnten dabei z. B. über die Aktivierung bestimmter Immunzellen das Entzündungsgeschehen verstärken.

Schützende Bakterien

Einige andere Mikroorganismen der Haut scheinen eine schützende Wirkung gegenüber strahlenbedingten Hautveränderungen zu haben. So war Streptococcus salivarius mit einem verringerten Risiko für Radiodermatitis assoziiert. Auch Anaerococcus und Finegoldia, beide aus dem trockenen bzw. talgigen Hautmilieu, zeigten in mehreren Analysen potenziell protektive Effekte.

Veillonella wurde mit einem geringeren Risiko für Hautveränderungen bei chronischer Exposition gegenüber nichtionisierender Strahlung in Verbindung gebracht.

Darüber hinaus deuteten die Ergebnisse auf eine positive Rolle von Staphylococcus hominis, Enhydrobacter und Acinetobacter bei der Reduktion strahleninduzierter Hautschäden hin.

Ein Blick in die Praxis: Was bedeutet das für Sie als Ärzt:in?

Die neuen Erkenntnisse verdeutlichen, dass das Hautmikrobiom aktiv an der Entstehung oder Prävention strahlenbedingter Hautschäden beteiligt ist. Damit rückt sie als möglicher therapeutischer Ansatzpunkt in den Fokus. Mikrobielle Therapien wie Probiotika oder gezielte Modulation der Hautflora könnten künftig eine wichtige Rolle in der Prävention und Behandlung von Radiodermatitis spielen. Erste Erfolge aus anderen Hauterkrankungen wie Psoriasis oder Neurodermitis stützen diesen Ansatz. Um das therapeutische Potenzial zu nutzen, sind nun interdisziplinäre Studien notwendig, die den Weg zur klinischen Anwendung ebnen.

Was bleibt offen?

Wichtig ist: Die Daten der Studie basieren auf europäischen Patient:innen, was die Übertragbarkeit auf andere Bevölkerungsgruppen einschränkt. Außerdem sind viele der genetischen Marker auf Gattungsebene, nicht auf Art- oder Stammebene, was die Interpretation erschwert. Vor einer breiten klinischen Anwendung sind daher weitere experimentelle Studien unabdingbar. Dennoch bietet diese Studie einen starken Beleg, dass das Mikrobiom auf der Haut eine zentrale Rolle in der Strahlenreaktion spielt und eröffnet ein neues Feld für präventive und therapeutische Innovationen.

Quellen:

Chen et al. (2025): Bidirectional Mendelian Randomization Analysis to Study the Relationship Between Human Skin Microbiota and Radiation-Induced Skin Toxicity. Microorganisms, DOI: 10.3390/ microorganisms13010194

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