Die Haut als unterschätzter Leidensfaktor bei chronischer Nierenerkrankung

Weltweit leiden rund 850 Millionen Menschen an chronischer Nierenerkrankung (Chronic Kidney Disease, CKD), Tendenz steigend. Bevölkerungswachstum, demografischer Wandel sowie die unaufhaltsame Zunahme von Diabetes mellitus und kardiovaskulären Erkrankungen treiben diese Entwicklung rasant voran. Auch Indonesien bleibt davon nicht verschont: 2018 lag die CKD-Prävalenz dort bei ca. 0,4 %, knapp 1 von 5 Betroffenen befanden sich bereits in der Dialysebehandlung.
Laut den Leitlinien der „Kidney Disease: Improving Global Outcomes“ (KDIGO) definiert sich CKD durch strukturelle Nierenveränderungen bei einer glomerulären Filtrationsrate unter 60 mL/min/1,73 m² über mindestens drei Monate. Die Konsequenz: Hochexplosive biochemische Verschiebungen. Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure häufen sich an, der Stoffwechsel gerät aus dem Gleichgewicht – mit direkten Auswirkungen auch auf die Haut.
Die Haut im Fokus: Auswirkungen von terminalem Nierenversagen
Fast alle Patient:innen mit terminalem Nierenversagen entwickeln dermatologische Manifestationen. Dazu zählen unter anderem Pruritus, Xerosis, Pigmentstörungen und Ichthyose.
Die Folge? Diese Begleiterscheinungen können den Leidensdruck erhöhen und die Lebensqualität stark senken. Der Dermatology Life Quality Index (DLQI) erfasst genau diese Auswirkungen und ermöglicht den Vergleich verschiedener Therapiestrategien.
Xerosis tritt bei 50–90 % der Patient:innen mit CKD auf, selbst unter Dialysebedingungen. Die Ursachen? Vieles bleibt unklar, doch Dehydratation, reduzierte Schweiß- und Talgdrüsenfunktion, Hautbarrierestörungen und Mikrozirkulationsstörungen gelten als wesentliche Faktoren.
Im Visier: Der Zusammenhang zwischen Haut, Harnstoff und Lebensqualität
Eine aktuelle Untersuchung aus Indonesien hat nun gezielt den Zusammenhang zwischen Hautfeuchtigkeit, Serumharnstoff und Lebensqualität bei dialysepflichtigen CKD-Patient:innen untersucht. Insgesamt 67 Betroffene am Universitätsklinikum Sumatera Utara in Medan wurden hierfür rekrutiert. Neben soziodemografischen Daten wurden die Hautfeuchtigkeit an Stirn, Augenwinkel und Unterarm mittels Skin Moisture Checker MY-808S gemessen und in trocken, normal und feucht klassifiziert.
Parallel bestimmten die Forschenden den Serumharnstoff aus venösem Blut und erfassten die Lebensqualität mittels validierter indonesischer Version des DLQI. Ein Allgemeinmediziner führte die Interviews durch, um mögliche Verzerrungen zu minimieren.
Hoher Harnstoff, trockene Haut, aber stabile Lebensqualität?
Über die Hälfte der Patient:innen waren männlich und im Schnitt 52 Jahre alt. Bemerkenswert: Gut 96 % wiesen stark erhöhte Serumharnstoffwerte von über 50 mg/dL auf. In puncto Hautfeuchtigkeit lag der Durchschnitt bei rund 36 %. Doch was bedeutet dies für die Lebensqualität?
Trotz hoher Harnstoffwerte und ausgeprägter Hauttrockenheit gaben lediglich 7,5 % der Patient:innen an, dass Xerosis ihr Leben stark beeinträchtige. Die meisten stuften die Auswirkungen als gering bis moderat ein. Der durchschnittliche DLQI lag bei 4,67 – also eher im unteren Belastungsbereich. Statistisch zeigten sich weder zwischen Harnstoffspiegeln noch Hautfeuchtigkeit und den DLQI-Werten signifikante Zusammenhänge. Auch die partielle Korrelation unter Kontrolle von Serumharnstoff bzw. Hautfeuchtigkeit blieb ohne relevante Resultate.
Pruritus als möglicher Schlüssel zum Verständnis
Doch hier wird es spannend: Pruritus – das quälende Jucken – könnte als heimlicher Vermittler zwischen den Laborwerten und der Lebensqualität agieren. Bekannt ist, dass Pruritus bei 22–90 % der CKD-Patient:innen auftritt, wobei die Pathophysiologie komplex und multifaktoriell bleibt. Immundysregulation, proinflammatorische Zytokine und Hautbarrierestörungen spielen dabei ebenso eine Rolle wie periphere Neuropathien.
Auch die enge Verbindung zwischen Xerosis und Pruritus ist gut dokumentiert: Je trockener die Haut, desto wahrscheinlicher das Jucken. Studien zeigen, dass moderate bis schwere Xerosis mit einer 50–100%igen Erhöhung des Pruritusrisikos einhergeht.
Vielschichtige Lebensqualität: Haut nur ein Puzzleteil
Doch warum zeigte sich hier kein klarer Zusammenhang? CKD ist ein komplexes Krankheitsbild. Neben Hautmanifestationen beeinflussen Fatigue, Schmerzsyndrome, psychischer Stress und soziale Faktoren die Lebensqualität erheblich. Zudem erhalten viele Patient:innen durch Mitpatient:innen und das medizinische Team emotionale Unterstützung, die sich stabilisierend auf den DLQI auswirken könnte.
Interessanter Nebenaspekt: Frauen berichten häufiger über Xerosis und erzielen tendenziell höhere DLQI-Werte – möglicherweise, weil Hautveränderungen subjektiv stärker belastend erlebt werden.
Und jetzt? Was die Praxis daraus mitnehmen sollte
Diese Ergebnisse erinnern uns: Bei CKD-Patient:innen dürfen wir die Haut nicht aus dem Blick verlieren – auch wenn sie nicht immer primärer Treiber einer guten Lebensqualität ist. Dermatologische Symptome wie Xerosis und Pruritus sollten frühzeitig erkannt und gezielt behandelt werden. Neben feuchtigkeitsspendenden Emollienzien kommen Antihistaminika, Gabapentinoide oder neuere Substanzen wie Difelikefalin infrage.
Entscheidend bleibt der interdisziplinäre Ansatz: Nephrolog:innen, Dermatolog:innen und Psychiater:innen sollten hier Hand in Hand arbeiten, um Patient:innen umfassend zu betreuen. Denn: Auch wenn die Nieren im Mittelpunkt stehen – die Haut spricht oft zuerst.
Quellen:
Dalimunthe et al. (2025): Correlation of skin moisture and serum urea level with dermatology life quality index in patients with chronic kidney disease on hemodialysis: A cross-sectional study. Narra J, DOI: 10.52225/narra.v4i3.967.

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