Wenn Albträume das Leben verkürzen: Was die Forschung über Schlaf und Sterblichkeit verrät

Eine junge Frau sitzt auf ihrem Bett und versteckt sich hinter dem Kopfkissen.
© Solving Healthcare auf Unsplash

Schlafprobleme sind weit verbreitet, doch Albträume werden oft unterschätzt. Sie gelten meist als vorübergehende Belastung, können jedoch ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. Eine aktuelle Auswertung von vier großen Bevölkerungsstudien liefert neue Hinweise darauf, dass häufige Albträume nicht nur die Lebensqualität mindern, sondern auch mit einer beschleunigten Alterung des Körpers und einem erhöhten Sterberisiko verbunden sind. Diese Ergebnisse wurden von einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Abidemi Otaiku am UK Dementia Research Institute und dem Imperial College London auf dem Kongress der Europäischen Akademie für Neurologie (EAN) in Helsinki vorgestellt (EAN-Kongress 2025, Abstract OPR-111).

Große Studien, klare Ergebnisse

Für die Analyse wurden Daten von 4.196 Erwachsenen im Alter zwischen 26 und 74 Jahren aus vier verschiedenen Kohortenstudien ausgewertet. Die Teilnehmenden stammten aus den MIDUS-Studien, der Wisconsin Sleep Cohort und der Osteoporotic Fractures in Men Study. Über einen Zeitraum von 18 Jahren wurde dokumentiert, wie häufig Albträume auftraten und wie sich dies auf die Sterblichkeit auswirkte. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 227 Todesfälle verzeichnet. Es zeigte sich, dass Personen, die wöchentlich von Albträumen berichteten, ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko für einen frühen Tod hatten, verglichen mit Teilnehmenden ohne Albträume zu Beginn der Studie.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein 48-jähriger Mann berichtet bei einer routinemäßigen Gesundheitsuntersuchung, dass er seit mehreren Jahren mindestens einmal pro Woche von intensiven Albträumen geplagt wird. Trotz anfänglich guter Gesundheit entwickelt er im Verlauf der nächsten zehn Jahre zunehmend gesundheitliche Probleme: Er fühlt sich chronisch erschöpft, leidet unter Bluthochdruck und bemerkt eine nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit. Im Rahmen einer Langzeitstudie wird bei ihm eine deutlich verkürzte Telomerlänge festgestellt – ein Hinweis auf eine beschleunigte biologische Alterung. Im Vergleich zu anderen Studienteilnehmern seines Alters zeigen sich bei ihm früher typische Alterserscheinungen wie Herz-Kreislauf-Beschwerden. Die Studienärzte führen seine gesundheitlichen Veränderungen unter anderem auf die hohe Belastung durch regelmäßige Albträume zurück.

Wie Albträume den Körper altern lassen

Die Wissenschaftler:innen untersuchten, wie sich Albträume auf die biologische Alterung auswirken. Dazu wurden zwei Methoden verwendet: Zum einen die Messung der Telomerlänge – das sind die Schutzkappen der Chromosomen, die sich mit zunehmendem Alter verkürzen – und zum anderen sogenannte epigenetische Uhren, die Veränderungen an der DNA erfassen, die mit dem Alterungsprozess zusammenhängen. Die Auswertung ergab, dass Menschen mit häufigen Albträumen nicht nur ein erhöhtes Sterberisiko, sondern auch eine schnellere biologische Alterung aufwiesen. Rund 39 Prozent des Zusammenhangs zwischen Albträumen und erhöhter Sterblichkeit ließ sich durch die beschleunigte Alterung erklären.

Was hinter dem Risiko steckt

Die Gründe für den Zusammenhang zwischen Albträumen, schnellerem Altern und erhöhter Sterblichkeit sind bislang nicht abschließend geklärt. Wissenschaftler:innen vermuten, dass chronischer Stress, der durch wiederkehrende belastende Träume ausgelöst wird, eine zentrale Rolle spielt. Stresshormone wie Cortisol gelten als mögliche Faktoren, die die Zellalterung fördern und das Immunsystem schwächen können. Dr. Abidemi Otaiku und sein Team weisen darauf hin, dass Schlafstörungen wie Albträume neben der Beeinträchtigung des Wohlbefindens auch ernsthafte gesundheitliche Folgen haben können.

Prävention und Empfehlungen

Angesichts dieser Erkenntnisse sollten wiederkehrende Albträume nicht ignoriert werden. Wer regelmäßig schlecht träumt, sollte dies ärztlich abklären lassen. Therapeutische Maßnahmen wie kognitive Verhaltenstherapie für Schlafstörungen oder spezielle Albtraumtherapien können helfen, die Schlafqualität zu verbessern und den Teufelskreis aus Stress und schlechten Träumen zu durchbrechen. Die AWMF-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ (Registernummer 063-001) empfiehlt eine strukturierte Diagnostik und evidenzbasierte Therapieansätze für Schlafstörungen.

Fazit

Häufige Albträume sind mehr als nur eine nächtliche Belastung – sie können ein Warnsignal für ernsthafte gesundheitliche Risiken sein. Wer regelmäßig unter Albträumen leidet, sollte dies ernst nehmen und professionelle Hilfe suchen. Frühzeitige Prävention und gezielte Therapie können dazu beitragen, die Lebensqualität zu erhalten und das Risiko für vorzeitigen Tod zu senken.

Quellen:
  • Deutsches Ärzteblatt: Häufige Albträume erhöhen Risiko eines vorzeitigen Todes. 2025. https://www.aerzteblatt.de/news/rubriken/medizin/haufige-albtraume-erhohen-risiko-eines-vorzeitigen-todes-4e019c09-6ea2-4613-afd0-cddd14b6b85c (abgerufen am 28.06.2025).
  • Otaiku, A. "Nightmares Accelerate Biological Aging and Predict Premature Mortality in Humans." Abstract OPR-111, EAN Congress, 21–24 June 2025. https://www.ean.org/congress2025
  • Midlife in the United States (MIDUS) Refresher Study. https://midus.wisc.edu/refresher/index.php (abgerufen am 28.06.2025).
  • The Wisconsin Sleep Cohort (WSC). https://pophealth.wisc.edu/research/the-wisconsin-sleep-cohort/ (abgerufen am 28.06.2025).
  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM): Startseite. https://www.dgsm.de/ (abgerufen am 28.06.2025).
  • AWMF-Leitlinie: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. Registernummer 063-001. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/063-001 (abgerufen am 28.06.2025).
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