Mehr Bewegung durch clevere Stadtgestaltung

Unscharfes Bild von Menschen, die in einem herbstlichen Park spazieren gehen.

Die Frage, ob fußgängerfreundliche Städte tatsächlich zu mehr körperlicher Aktivität führen oder ob lediglich bewegungsfreudige Menschen gezielt solche Orte wählen, wurde in einer aktuellen Untersuchung der Universität Washington in Seattle systematisch betrachtet. Die Ergebnisse, veröffentlicht im Fachjournal Nature (2025; DOI: 10.1038/s41586-025-09321-3), liefern erstmals belastbare Daten, die einen direkten Zusammenhang nahelegen.

Bewegungsdaten von über 5.400 Umziehenden als Grundlage

Die Forschenden analysierten Bewegungsdaten von 5.424 Personen, die innerhalb von drei Jahren mindestens einmal in eine von 1.609 US-amerikanischen Städten umgezogen sind. Mithilfe einer Schrittzähler-App wurden täglich zurückgelegte Schritte erfasst und den Städten jeweils ein Walkability-Score von 1 (kaum fußgängerfreundlich) bis 100 (ideal für Fußgänger:innen) zugeordnet.

Der Walkability-Score misst, wie gut alltägliche Ziele wie Einkaufsmöglichkeiten, Schulen oder Parks fußläufig erreichbar sind. Ziehen Teilnehmende in eine Stadt mit einem um mindestens 49 Punkte höheren Wert um, stieg ihre durchschnittliche tägliche Schrittzahl im Schnitt um rund 1.100 Schritte. Wer zum Beispiel aus Städten mit einem durchschnittlichen Score von 48 in Orte wie New York City (Score 89) zog, erhöhte die Schritte von durchschnittlich 5.600 auf 7.000 täglich – ein klares Indiz für den Einfluss der gebauten Umwelt.

„Bisherige Studien konnten nicht eindeutig klären, ob das Ausmaß körperlicher Aktivität direkt durch die gebaute Umwelt beeinflusst wird oder hauptsächlich das Ergebnis persönlicher Vorlieben ist“, schreibt das Team um Tim Althoff von der der University of Washington in Seattle.

Gesundheitlich relevante Bewegungssteigerung

Interessanterweise spiegelte das Plus an Schritten überwiegend moderate bis intensive Aktivitäten wider, die mit positiven Gesundheitseffekten verbunden sind, wie einem reduzierten Gesamtmortalitätsrisiko. Bei einem deutlichen Anstieg des Walkability-Scores verdoppelte sich zudem der Anteil der Personen, die die empfohlene Bewegungsdauer von mindestens 150 Minuten pro Woche erreichten – von 21,5% auf 42,5%.

Spannend ist die Beobachtung, dass Frauen ab 50 Jahren diese Effekte weniger zeigten. Die Forschenden vermuten hier kulturelle Hürden, Wahrnehmungen von Sicherheit, familiäre Verpflichtungen und gesellschaftliche Normen als potenzielle Erklärungen.

Die Studie weist aber auch auf eine potenzielle Einschränkung hin: Alle Teilnehmenden nutzen freiwillig eine Schrittzähler-App, was Bewegungsaffinität vermuten lässt. Zudem könnten die Ergebnisse durch lokale Unterschiede begrenzt sein, da US-Städte oft weniger fußgängerfreundlich sind als viele europäische Metropolen.

Checkliste zur Förderung fußgängerfreundlicher Städte

Um die fußgängerfreundliche Gestaltung von Wohngebieten und Städten systematisch zu bewerten, hilft eine praxisorientierte Checkliste vom Karlsruher Institut für Technologie (file:///C:/Users/Nutzer/Downloads/Checkliste%20Fu%C3%9Fg%C3%A4ngerfreundlichkeit.pdf). Sie umfasst vier zentrale Bereiche: Fußgängerfreundlichkeit, Komfort, Sicherheit sowie Zweckmäßigkeit und Vernetzung. Nutzer:innen können anhand einfacher Fragen typische Hindernisse, fehlende Infrastruktur oder Gefahrenstellen identifizieren und dokumentieren. Die Checkliste bietet zudem konkrete Vorschläge, wie Städte und Gemeinden problematische Stellen langfristig verbessern können, um das Zufußgehen attraktiver und sicherer zu machen. Dadurch trägt sie dazu bei, gesundheitsförderliche Bewegungsräume in urbanen Räumen zu schaffen und die Alltagsmobilität

Fazit: Stadtplanung als Instrument für Gesundheit

Die Untersuchung unterstreicht, wie die Gestaltung urbaner Räume die physische Aktivität maßgeblich beeinflussen kann. Für die Zukunft der öffentlichen Gesundheit ist es daher ein vielversprechender Ansatz, Städte fußgängerfreundlicher zu gestalten, um die tägliche Bewegung zu fördern und gesundheitlichen Risiken entgegenzuwirken.

Quellen:

Deutsches Ärzteblatt: Fußgängerfreundliches Stadtdesign steigert Schrittzahl. 2025. https://www.aerzteblatt.de/search/result/2963208f-e1bf-4304-87fa-46b165988e33?q=umwelt (abgerufen am 05.09.2025).

Karlsruher Institut für Technologie: Checkliste für Fußgängerfreundlichkeit.

Althoff, T. et al. (2025): Countrywide natural experiment links built environment to physical activity. Nature. https://doi.org/10.1038/s41586-025-09321-3

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