Digitale Ablenkung mit Folgen: Wie Smartphone-Nutzung auf der Toilette das Risiko für Hämorrhoiden erhöht

Smartphone und Toilettenpapier auf dem Toilettensitz Digitales Abhängigkeitskonzept

Aktuelle Veränderungen im Alltag und digitale Gewohnheiten beeinflussen zunehmend die Gesundheit. Das Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston untersuchte unter Leitung von Chethan Ramprasad, wie sich die Smartphone-Nutzung auf der Toilette auf die Entstehung von Hämorrhoiden auswirkt. Die Ergebnisse der Untersuchung, veröffentlicht im renommierten Fachjournal PLOS One, liefern neue Einblicke in die Verknüpfung von Alltagsverhalten und Erkrankungsrisiken (2025; DOI: 10.1371/journal.pone.0329983).

Erkrankung mit Tabu: Wer ist betroffen und welche Symptome treten auf?

Hämorrhoiden sind ringförmige Gefäßpolster am Ausgang des Enddarms, die sich bei vielen Menschen mit zunehmendem Alter vergrößern. Zu den häufigsten Symptomen zählen Juckreiz, Brennen und Nässen am After, die oft eine ärztliche Behandlung nötig machen. In Deutschland werden etwa 4% der erwachsenen Bevölkerung jährlich medizinisch wegen Hämorrhoiden behandelt. Weltweit gehen Schätzungen davon aus, dass mehr als die Hälfte aller Erwachsenen über 30 Jahre mindestens einmal im Leben betroffen sind.

Vielschichtige Einflüsse: Was begünstigt Hämorrhoiden?

Bisher galten klassische Risikofaktoren für Hämorrhoiden, darunter starker Druck beim Stuhlgang, chronische Verstopfung, häufige Durchfälle, Übergewicht sowie Schwangerschaft und Geburt als ausschlaggebend. Das Lebensalter spielt ebenfalls eine Rolle, da mit zunehmender Zeit das Gewebe an Festigkeit verliert. Auch genetische Veranlagung wird als Einflussfaktor diskutiert. Doch die aktuelle Studie ergänzt diese Liste um eine vorher wenig beachtete Variable: Die Dauer des Toilettenaufenthalts.

Im Fokus der Wissenschaft: Verlängerte Sitzdauer durch Smartphones

Die US-amerikanische Forschungsgruppe nahm einen Aspekt unter die Lupe, der bisher wissenschaftlich kaum betrachtet wurde: Den Einfluss der Smartphone-Nutzung auf der Toilette auf das Hämorrhoidenrisiko. In der Querschnittsuntersuchung wurden 125 Erwachsene, die sich einer Vorsorgekoloskopie unterzogen, zu ihren Toilettengewohnheiten und ihrer Nutzung von mobilen Endgeräten befragt.

Bemerkenswert: 66% der Befragten nutzen regelmäßig ihr Smartphone auf der Toilette. Diese Personen waren im Schnitt jünger (Durchschnittsalter 55,4 Jahre) als diejenigen, die auf digitale Ablenkung im Badezimmer verzichten (Durchschnittsalter 62,1 Jahre). Endoskopisch bestätigte Hämorrhoiden wurden bei 43% aller Teilnehmenden diagnostiziert.

Statistiken und Fakten: Wie stark steigt das Risiko wirklich?

Die Forschenden konnten nicht nur eine erhöhte Prävalenz, sondern auch eine statistisch signifikante Risikozunahme feststellen: Wer sein Smartphone auf der Toilette verwendete, hatte ein 46% höheres Risiko für Hämorrhoiden (p=0,044), selbst nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, körperlicher Aktivität, Ballaststoffaufnahme und Pressverhalten.

Im Detail zeigten sich deutliche Unterschiede: 50,6% der Smartphone-Nutzenden litten unter Hämorrhoiden, während es bei den Nichtnutzenden nur 38,1% waren. Besonders verbreitet war das Lesen von Nachrichten (54,3%) und das Scrollen durch soziale Netzwerke (44,4%) während des Toilettengangs.

Sitzdauer als entscheidender Faktor: Minuten, die zählen

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Sitzdauer auf der Toilette. Bei rund 37% der Smartphone-Nutzenden betrug der Aufenthalt im Badezimmer mehr als fünf Minuten – im Vergleich zu lediglich 7,1% der Offline-Nutzerinnen und -Nutzer. Insbesondere bei männlichen Testpersonen war das lange Sitzen (mindestens sechs Minuten) wahrscheinlicher, wobei diese Geschlechterdifferenz noch weiterer Forschung bedarf.

Die Studie legt nahe: Nicht nur das Pressen, sondern vor allem die verlängerte, häufig ablenkungsbedingte Sitzzeit auf dem WC wirkt belastend. Der fehlende Halt für den Beckenboden ist dabei kritisch. Bei längerem Sitzen auf klassischen Sitzmöbeln wie Stühlen oder Sofas ist dagegen oft eine Unterstützung durch das Möbel gegeben, anders als auf der Toilette.

Empfehlungen aus medizinischer Sicht: Was tun gegen das steigende Risiko?

Unabhängige Fachleute wie Jarrah Dowrick, Research Fellow für gastrointestinale Erkrankungen am Auckland Bioengineering Institute, unterstreichen nochmal, dass die geringe Stichprobengröße als Limitation der Studie zu werten ist. Allerdings bestätigt Dowrick die Relevanz potentieller Verhaltensfaktoren wie Sitzdauer, Alter, Geschlecht, Ballaststoffaufnahme und Lebensstil für das Hämorrhoidenrisiko.

Auch wenn die Studie lediglich Zusammenhänge beschreibt und keine Ursachenerklärungen bietet, leiten die Forschenden aus ihren Ergebnissen konkrete Ratschläge für den Alltag ab: Die Verweildauer auf der Toilette sollte auf maximal fünf Minuten begrenzt werden. Besonders empfiehlt sich, Smartphones ganz aus dem Badezimmer zu verbannen, um die Aufmerksamkeit auf den Stuhlgang zu fokussieren und Ablenkungen zu vermeiden.

Evidenzbasierte Leitlinien zur Behandlung des Hämorrhoidalleidens

Zur Einordnung der aktuellen Studienergebnisse ist die S3-Leitlinie „Hämorrhoidalleiden“ der AWMF von zentraler Bedeutung (AWMF-Register Nr. 081/007). Die Leitlinie empfiehlt bei leichten Hämorrhoiden (Grad 1 und 2) überwiegend konservative Maßnahmen wie eine ballaststoffreiche Ernährung, Sklerosierung und Gummibandligatur. Fortgeschrittene Stadien (Grad 3 und 4) erfordern in der Regel operative Eingriffe, wobei patientenspezifische Faktoren immer berücksichtigt werden. Damit gewährleistet die Leitlinie eine individuelle und sichere Versorgung, die die bestmöglichen Behandlungsergebnisse anstrebt und klinische Entscheidungen fundiert unterstützt.

Fazit

Die neue Studie aus den USA eröffnet einen spannenden Blick auf unsere digitalen Gewohnheiten – wer sein Smartphone aufs Klo mitnimmt, sitzt dort oft deutlich länger und setzt damit die empfindlichen Blutgefäße am After einem erhöhten Druck aus. Das Ergebnis: Das Risiko für Hämorrhoiden steigt um fast die Hälfte. Zwar steckt hinter dieser Beobachtung noch keine abschließende Ursache-Wirkung, doch der deutliche Zusammenhang fordert dazu auf, das Handy im Bad öfter mal wegzulegen und bewusst kürzer zu verweilen. Gerade in einer Zeit, in der das Smartphone ständige Ablenkung bietet, zeigt sich, wie sehr moderne Technik auch unerwartete gesundheitliche Schattenseiten haben kann.

Quellen:

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden (AWMF-Registernummer 081/007). 2019. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/081-007 (abgerufen am 12.08.2025).

Deutsches Ärzteblatt: Smartphone-Nutzung auf der Toilette erhöht Risiko für Hämorrhoiden. 2025. https://www.aerzteblatt.de/news/rubriken/medizin/smartphone-nutzung-auf-der-toilette-erhoht-risiko-fur-hamorrhoiden-78b7c3ba-cf32-48f6-9fd5-94d0849e6952 (abgerufen am 05.09.2025).

Ramprasad, C. et al. (2025): Smartphone use on the toilet and the risk of hemorrhoids. PLOS One. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0329983

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