Kantinenkost unter der Lupe: Wie viel Gesundheit und Nachhaltigkeit steckt in unseren Einrichtungen?
In deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen beeinflussen Mahlzeiten nicht nur das Wohlbefinden der Patient:innen, sondern prägen auch langfristig die Ernährungshaltung. Eine neue Studie untersucht erstmals, wie ausgewogen und nachhaltig das Essen in fünf ausgewählten Einrichtungen gestaltet ist (The Lancet Planetary Health 2025; DOI: 10.1016/j.lanplh.2025.05.004). Die Ergebnisse werfen ein Schlaglicht auf Fehlentwicklungen – und zeigen, wie groß das Potential für Verbesserungen wäre.
Typisch Kantinenküche: Was landet eigentlich auf dem Tisch?
Ob Currywurst mit Pommes, Kartoffeleintopf mit Würstchen oder Hühnerfrikassee mit Reis – diese Gerichte repräsentieren die klassische Auswahl vieler deutscher Gesundheitseinrichtungen. Zwei Krankenhäuser und drei Pflegeheime wurden für die Studie ausgewählt und ihre Wochenspeisepläne und Rezepte systematisch analysiert.
Die Forschenden um Lisa Pörtner vom Potsdam-Institut für Klimafolgeforschung und der Charité fand deutliche Defizite. Die Gerichte enthielten zu wenig Gemüse, Obst, Vollkorn und Hülsenfrüchte. Stattdessen dominierten Weißmehlprodukte, zugesetzter Zucker, Salz und vor allem gesättigte Fette die Mahlzeiten. Insbesondere in Pflegeheimen war die Proteinzufuhr oft unzureichend.
Weniger als 20 % der aufgenommenen Kalorien stammten aus den gesunden pflanzlichen Optionen. Stattdessen waren tierische Produkte und stark verarbeitete pflanzliche Lebensmittel Hauptlieferanten von Energie. Salzhaltige und ballaststoffarme Angebote überwogen; die Versorgung mit Micronährstoffen wie B-Vitaminen, Vitamin C, Kalium und Magnesium war entsprechend oft kritisch niedrig.
Wissenschaftliche Messung der Ernährungsqualität
Wie lässt sich die Qualität objektiv erfassen? Die Analyse erfolgte mit dem Healthy-Eating-Index-2020 (HEI), der prüft, wie sehr die Mahlzeiten den amerikanischen Ernährungsrichtlinien entsprechen. Zusätzlich wurden die Rezepte im Hinblick auf die „Planetary-Health-Diät“ bewertet – ein Konzept, das sowohl Gesundheit als auch Umweltschutz vereinen will.
Die Resultate sind klar: Die HEI-Werte lagen in den untersuchten Einrichtungen nur zwischen 39 und 57 von maximal 100 Punkten. Schon Werte unter 51 gelten als Zeichen mangelhafter Ernährung. Für die Planetary-Health-Diät schnitten die Einrichtungen mit 30 bis 44 von 150 Punkten ebenfalls schlecht ab.
Mahlzeiten mit hohem ökologischem Fußabdruck
Nicht nur für den Menschen, sondern auch für die Umwelt sind die aktuellen Speisepläne problematisch. Um die Auswirkungen der Verpflegung umfassend zu beurteilen, kategorisierte das Forschungsteam sämtliche Lebensmittel in 50 Gruppen und evaluierte deren Umweltwirkungen mithilfe einer spezialisierten Datenbank. Berücksichtigt wurden dabei zentrale Parameter wie Treibhausgasemissionen, Eutrophierung, Versauerung und Wasserverbrauch. Die zugrundeliegenden Mengen stammten aus den jährlichen Einkaufsdaten der Einrichtungen, sodass neben den Hauptmahlzeiten auch Getränke, Snacks sowie Cafeteriabedarfe in die Analyse einflossen.
Drei Viertel der Umweltbelastung ging auf tierische Lebensmittel zurück. Fleisch allein verursachte 38 % der Treibhausgasemissionen. Doch nicht nur Fleisch sorgt für ökologische Kosten: Auch Kaffee schlug mit 2–10 % der Gesamtemissionen zu Buche. Schweinefleisch beanspruchte besonders viel Wasser; aus Aquakultur stammender Fisch führte zu erhöhten Eutrophierungswerten in Gewässern, mit negativen Folgen wie Biodiversitätsverlust und Fischsterben.
Risiken für Patient:innen und Ursachen von Mangelernährung
Mangelernährung ist bei älteren Patient:innen in deutschen Krankenhäusern ein weitverbreitetes und oft unterschätztes Problem mit schwerwiegenden Folgen. Viele Patient:innen verlieren im Krankenhaus erheblich an Gewicht und Kraft, was die Genesung zusätzlich erschwert. Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie weist darauf hin, dass besonders ältere Menschen häufig zu wenig eiweißreiche Kost erhalten – obwohl diese für den Muskelerhalt und die Vermeidung von Komplikationen essenziell ist. „Wir sind nicht in der Dritten Welt und trotzdem sind unsere Patienten in den Krankenhäusern mangelernährt“, so die Oberärztin Kristin Häseler-Ouart vom Uniklinikum in Jena.
Ein entscheidender Grund für diese Situation sind die äußerst knappen Budgets für die Krankenhausverpflegung. Lars Selig vom Uniklinikum Leipzig berichtet, dass nur etwa zehn Prozent der Kliniken über spezialisierte Ernährungsteams verfügen, die notwendig sind, um Mangelernährung frühzeitig zu erkennen und zu therapieren. Häufig werden Verpflegungsmittel aus einem Pauschalbudget finanziert, das auch andere Dienstleistungen wie Reinigung umfasst, sodass die Mittel für frische, hochwertige Lebensmittel knapp werden.
Fazit: Appell für gesunde und nachhaltige Mahlzeiten
Die Studienautor:innen fordern umfangreiche Reformen: Mehr Gemüse, Vollkorn, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen – weniger Fleisch und verarbeitete Produkte. Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Einrichtungen selbst, sondern ebenso bei Politik und Gesundheitsversorgern. Sie müssen klare Standards und Maßnahmen für die Verbesserung der Mahlzeiten etablieren und Datengrundlagen schaffen, um eine gesunde Versorgung zu sichern, die zugleich klima- und umweltfreundlich ist.
Selig fordert daher eine flächendeckende Einführung von Ernährungsteams und eine nachhaltige Finanzierung, statt projektbezogener Maßnahmen. Trotz wachsender gesellschaftlicher und politischer Aufmerksamkeit fehlen bislang dauerhafte finanzielle Strukturen, um Mangelernährung wirksam zu bekämpfen – ein Umstand, der nicht nur Patient:innen gefährdet, sondern auch das Gesundheitssystem belastet.
Quellen:
Deutsches Ärzteblatt: Fußgängerfreundliches Stadtdesign steigert Schrittzahl. 2025. https://www.aerzteblatt.de/search/result/07b9de1a-5fa4-4f4c-8e10-615d55855834?q=Umwelt (abgerufen am 09.09.2025).
MDR (Mitteldeutscher Rundfunk): Besseres Klinikessen ist möglich – aber Geld fehlt. 2025. https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/krankenhaus-essen-mangelernaehrung-102.html (abgerufen am 09.09.2025).
Pörtner, L. M. et al. (2025): Dietary quality and environmental footprint of health-care foodservice: a quantitative analysis using dietary indices and lifecycle assessment data. The Lancet Planetary Health. 2025. https://doi.org/10.1016/j.lanplh.2025.05.004
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