Brustkrebsfrüherkennung revolutioniert

Brustkrebsfrüherkennung: eine Frau steht vor einem Mammographie-Gerät, dass durch eine Ärztin bedient wird.
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Brustkrebs bleibt die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Jährlich erkranken rund 74.500 Frauen neu, und etwa jede achte Frau ist im Laufe ihres Lebens betroffen. Die Früherkennung spielt eine entscheidende Rolle und ist ein zentraler Bestandteil der Vorsorge. Gerade bei Frauen mit dichtem Brustgewebe stößt die klassische Mammographie jedoch an ihre Grenzen. Im Deutschen Ärzteblatt wird aktuell über die britische BRAID-Studie berichtet, die im Mai 2025 im Fachjournal The Lancet veröffentlicht wurde (DOI: 10.1016/S0140-6736(25)00747-7). Die Studie liefert eindrucksvolle Ergebnisse: Kontrastmittelgestützte Bildgebungsverfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Kontrastmittel-Mammographie (CEM) entdecken Tumore bei dichtem Brustgewebe deutlich zuverlässiger als der bisher empfohlene Ultraschall.

Herausforderung: Dichtes Brustgewebe erschwert die Früherkennung

Etwa jede zweite Frau im mittleren Alter hat dichtes Brustgewebe – das bedeutet mehr Drüsen- und Bindegewebe als Fett. Auf der Mammographie erscheinen sowohl Tumore als auch dichtes Gewebe weiß, was die Erkennung von Krebs erschwert. Auch der Ultraschall, der bislang als Ergänzung empfohlen wurde, stößt bei dichter Brust an seine Grenzen. Prof. Dr. Christiane Kuhl, Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Uniklinik RWTH Aachen, erklärt dazu: „Aus diesen Studien ist bereits klar ersichtlich, dass die MRT für die Früherkennung vorzugsweise zu empfehlen ist, weil sie deutlich treffsicherer ist als der Ultraschall. Die aktuelle Studie bestätigt das noch einmal auch für die sogenannte fokussierte MRT.“ Viele Frauen mit dichtem Brustgewebe leben mit Unsicherheit, obwohl sie regelmäßig zur Mammographie und zum Ultraschall gehen. Einige berichten, dass sie jedes Jahr vor den Untersuchungen große Angst haben, dass ein Tumor übersehen werden könnte. Erst die zusätzliche MRT gibt ihnen das Gefühl von Sicherheit, da dabei tatsächlich Tumore entdeckt werden, die mit anderen Methoden nicht sichtbar waren. Andere berichten, dass sie nach einer unauffälligen MRT endlich wieder beruhigt sind und sich auf ihre Gesundheit verlassen können.

Kontrastmittelbildgebung: Mehr Tumore, früher entdeckt

Die BRAID-Studie untersuchte Frauen mit dichtem Brustgewebe und unauffälliger Mammographie. Insgesamt wurden 9.361 Frauen eingeschlossen, von denen 6.305 eine zusätzliche Bildgebung erhielten: entweder Ultraschall, MRT oder Kontrastmittel-Mammographie. Die Ergebnisse sind eindeutig:

  • MRT entdeckte 17,4 Krebsfälle pro 1.000 Untersuchungen
  • Kontrastmittel-Mammographie (CEM) sogar 19,2
  • Ultraschall kam nur auf 4,2 Krebsfälle pro 1.000 Untersuchungen

Die mit MRT oder CEM entdeckten Tumore waren zudem im Schnitt kleiner und damit besser behandelbar. Diese Zahlen zeigen, wie stark moderne Bildgebungsverfahren die Früherkennung und Diagnostik verbessern können.

Technik der Kontrastmittelbildgebung

Die Magnetresonanztomographie (MRT) der Brust nutzt ein starkes Magnetfeld und Radiowellen, um detaillierte Bilder des Brustgewebes zu erzeugen. Vor der Untersuchung wird ein Kontrastmittel gespritzt, das sich in aktiven Tumoren anreichert und diese auf den Bildern sichtbar macht. Die Kontrastmittel-Mammographie (CEM) kombiniert die klassische Mammographie mit der Gabe eines Kontrastmittels, wodurch Tumore selbst in dichtem Gewebe besser erkennbar werden. Beide Verfahren sind für die Patientinnen in der Regel gut verträglich, erfordern aber spezialisierte Geräte und geschultes Personal.

Gesundheitspolitische Bedeutung und Herausforderungen

Die Mammographie ist derzeit die einzige Früherkennungsmethode, für die eine Senkung der Brustkrebsmortalität wissenschaftlich belegt ist. Doch die neuen Daten legen nahe, dass Frauen mit dichter Brust von einem Wechsel zu MRT oder CEM im Screening profitieren könnten. Die aktuellen Leitlinien, insbesondere die S3-Leitlinie Mammakarzinom (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mammakarzinom), berücksichtigen diese neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Empfehlungen der europäischen Fachgesellschaft für Brustbildgebung (EUSOBI) bislang noch nicht ausreichend und setzen weiterhin auf Mammographie als primäres Screeningverfahren. Fachkreise kritisieren, dass dadurch Frauen mit dichtem Brustgewebe nicht optimal versorgt werden und fordern eine Anpassung der Leitlinien an die aktuelle Studienlage. Die Versorgungslage muss angepasst werden, um allen betroffenen Frauen Zugang zu modernen Bildgebungsverfahren zu ermöglichen.

Die Einführung moderner Bildgebungsverfahren in das Screening-Programm für Brustkrebs ist daher von großer gesundheitspolitischer Bedeutung und ein Fortschritt in der Medizin. Die bisherige Mammographie ist flächendeckend verfügbar und kostengünstig, stößt aber bei Frauen mit dichtem Brustgewebe an ihre Grenzen. MRT und CEM sind technisch aufwendiger und teurer, könnten aber langfristig Kosten durch frühere Krebserkennung und bessere Heilungschancen einsparen.

Fazit

Führende Expert:innen, darunter Prof. Dr. Christiane Kuhl, Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Uniklinik RWTH Aachen, sehen in den aktuellen Studienergebnissen einen klaren Auftrag, das bisherige Screening für Frauen mit dichtem Brustgewebe grundlegend zu überdenken. Sie fordern, dass die Magnetresonanztomographie (MRT) künftig „nicht als ergänzende Untersuchung zusätzlich zur Mammographie, sondern anstelle der Mammographie“ eingesetzt werden sollte. Damit könnte Frauen mit dichtem Brustgewebe eine deutlich zuverlässigere Früherkennung ermöglicht werden, wie es auch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten belegen.

Quellen:
  • Deutsches Ärzteblatt: Kontrastmittelbildgebung entdeckt bei hoher Gewebedichte Brustkrebs besser als Ultraschall
    https://www.aerzteblatt.de/news/kontrastmittelbildgebung-entdeckt-bei-hoher-gewebedichte-brustkrebs-besser-als-ultraschall-b8607bce-8f18-4056-925b-960c364d9506
    (Abgerufen am 02.06.2025)
  • Deutsche Krebsgesellschaft: Brustkrebs, Mammakarzinom
    https://www.krebsgesellschaft.de/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs.html
    (Abgerufen am 02.06.2025)
  • Zentrum für Krebsregisterdaten: Brustkrebs (Mammakarzinom)
    https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Brustkrebs/brustkrebs_node.html
    (Abgerufen am 02.06.2025)
  • Gilbert FJ, Payne N, Allajbeu I, et al.: Comparison of supplemental breast cancer imaging techniques—interim results from the BRAID randomised controlled trial. The Lancet 2025; 405(10493): 1935–1947. doi:10.1016/S0140-6736(25)00747-7
  • Leitlinienprogramm Onkologie: S3-Leitlinie Mammakarzinom
    https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mammakarzinom
    (Abgerufen am 02.06.2025)
  • Science Media Center Germany: Brustkrebs-Früherkennung – MRT und Kontrastmittel-Mammographie entdecken mehr Tumore als Ultraschall
    https://www.sciencemediacenter.de/angebote/brustkrebs-frueherkennung-mrt-und-kontrastmittel-mammographie-entdecken-mehr-tumore-als-ultraschall-25096
    (Abgerufen am 02.06.2025)
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