Vielschichtige Behandlungskonzepte bei Psoriasis vulgaris

Psoriasis im Nacken eines Mannes.

Psoriasis vulgaris zählt zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen mit unterschiedlichsten Erscheinungsformen und Verläufen. Für Betroffene ist eine möglichst effektive und individuell zugeschnittene Therapie entscheidend, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten. Ein zentraler Faktor dafür ist neben der Therapieadhärenz auch die präzise Einschätzung der Schwere der Erkrankung und der damit verbundenen Belastungen.

Feststellung des Krankheitsgrades: Basis für die Therapiewahl

Um die passende Therapie zu bestimmen, sind eine gründliche Anamnese sowie eine Ganzkörperuntersuchung unerlässlich. Standardisierte Instrumente wie der Psoriasis Area and Severity Index (PASI) und der Dermatology Life Quality Index (DLQI) helfen dabei, sowohl das Ausmaß der betroffenen Hautfläche als auch die Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erfassen.

Maßgeblich gilt: Liegt die betroffene Körperoberfläche (Body Surface Area, BSA) bei mehr als 10% oder überschreitet der PASI-Wert 10, was einer mittelschweren bis schweren Verlaufsform entspricht, ist eine Systemtherapie indiziert. Niedrigere Werte sprechen tendenziell für milde Formen, die mit äußerlichen, topischen Therapien behandelt werden können.

Therapeutische Grundpfeiler: Von der Topik zu systemischen Optionen

Für leichte Psoriasis empfehlen sich vor allem topische Anwendungen, etwa Kortikosteroide, Vitamin-D3-Analoga, Teerpräparate oder Keratolytika. Ergänzend kommen phototherapeutische Verfahren wie UV-B-Strahlen zum Einsatz.

Bei fortgeschrittenen oder therapieresistenten Verläufen stehen verschiedene systemische Therapeutika zur Verfügung, darunter klassische Wirkstoffe wie Methotrexat, Acitretin oder Fumarsäureester. Moderne Biologika – zielgerichtete Antikörper gegen entzündungsfördernde Moleküle wie TNF-α oder Interleukine (IL-12/23, IL-17) – ergänzen das therapeutische Spektrum und bieten insbesondere bei schwerer Erkrankung bzw. unzureichendem Ansprechen auf konventionelle Medikamente eine wirksame Alternative.

In den aktuellen Leitlinien zur Therapie der Psoriasis vulgaris (S3-Leitlinie, AWMF-Register-Nr. 013-001) findet sich daher die klare Empfehlung, die Behandlungsform stets individuell auf den jeweiligen Krankheitsverlauf und die Bedürfnisse der Patient*innen abzustimmen.

Spezielle Ausprägungen erfordern spezifische Behandlungsansätze

Die Psoriasis manifestiert sich in verschiedenen Phänotypen, die jeweils eigene Therapien benötigen:

Kopfhautpsoriasis ist häufig und belastet die Patient*innen stark. Hier sind lokal kortisonhaltige Externa oder Kombinationen mit Vitamin-D3-Präparaten die Therapie der Wahl, ergänzt durch UV-Kamm-Anwendungen.

Genitale Psoriasis beeinträchtigt die Intimsphäre und das Sexualleben. Da sie oft unerwähnt bleibt, sind einfühlsame Untersuchung und gezielte Kommunikation essenziell. Kurzzeitige topische Kortikosteroide (Klasse II–III) kommen zum Einsatz; langfristig gelten Calcineurininhibitoren und Vitamin-D3-Analoga als schonende Optionen. Bei starkem Leidensdruck ist eine rasche Systemtherapie, insbesondere mit Biologika, angeraten.

Palmoplantare Psoriasis führt durch Läsionen an Hand- und Fußflächen zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen. Initial werden hochpotente Kortikosteroide empfohlen, häufig in Kombination mit Vitamin-D-Analoga. Frühzeitige systemische Therapie mit Methotrexat, Acitretin, Apremilast oder Biologika kann die Prognose verbessern.

Nagelpsoriasis betrifft bis zu 80% der Betroffenen und ist ein möglicher Hinweis auf Psoriasisarthritis. Die Behandlung ist schwierig, da die Wirkung verzögert einsetzt. Biologika zeigen hier eine höhere Wirksamkeit als klassische Therapien. Patient*innen sollten Nagelmanipulationen und Kontakt mit Reizstoffen vermeiden.

Berücksichtigung besonderer Patient*innengruppen

Kinder und Jugendliche benötigen angepasste Therapien: Ab sechs Jahren ist die Anwendung von Calcipotriol-Salbe gut etabliert und sicher; bei mittelschwerer bis schwerer Erkrankung empfiehlt sich eine frühzeitige Systemtherapie. Biologika wie Adalimumab (ab 4 Jahren) und Secukinumab (ab 6 Jahren) sind zugelassen und liefern vielversprechende Ergebnisse.

Schwangere und Stillende profitieren von sicherer topischer Kortikosteroidtherapie und UV-B-Phototherapie. Während der Schwangerschaft gilt Certolizumab pegol als bevorzugtes Biologikum, da es keinen aktiven Transfer in den fetalen Kreislauf aufweist. Kontraindiziert sind Methotrexat und Acitretin aufgrund ihrer erheblichen Risiken.

Komorbiditäten und interdisziplinäre Therapieplanung

Patient*innen mit Psoriasis und Begleiterkrankungen wie Hepatitis B oder latenter Tuberkulose benötigen eine enge interdisziplinäre Begleitung. Vor Beginn einer Biologikatherapie sind entsprechende Serologien notwendig. Bei latenter Tuberkulose ist eine Chemoprävention verpflichtend, um Reaktivierungen zu vermeiden. Dabei bergen TNF-α-Inhibitoren das höchste Risiko, während IL-23- und IL-17-Inhibitoren als sicherer gelten.

Bei gleichzeitiger chronisch-entzündlicher Darmerkrankung sind TNF-α- und IL-23-Inhibitoren bevorzugte Therapieoptionen; IL-17-Inhibitoren sollen vermieden werden, da sie die Darmproblematik verschlimmern können.

Fallbeispiel: Herausforderung und Erfolg bei schwerer Psoriasis

Frau S., 42 Jahre alt, leidet seit über zehn Jahren an schwerer Psoriasis vulgaris, betroffen sind vor allem die Kopfhaut, Handflächen und Fußsohlen. Anfangs wurde eine topische Therapie mit Kortikosteroiden und Vitamin-D3-Analoga eingesetzt, jedoch ohne ausreichende Besserung. Die Belastungen führten zu erheblichen Einschränkungen im Alltag und zu sozialer Isolation.

Nach umfassender Diagnostik und Erhebung von PASI (22) und DLQI (18) erfolgte die Umstellung auf systemische Therapie mit Methotrexat. Aufgrund mangelnden Ansprechens wurde die Therapie auf ein modernes Biologikum (IL-23-Inhibitor) umgestellt. Innerhalb von sechs Monaten zeigten sich deutliche klinische Verbesserungen, insbesondere bei den Hand- und Fußsohlen. Frau S. berichtet nun über deutlich gesteigerte Lebensqualität und normale Alltagsbewältigung.

Fazit

Die Behandlung von Psoriasis vulgaris geht weit über das bloße Lindern von Symptomen hinaus – sie ist der Schlüssel zu einer neuen Lebensqualität für Betroffene. Jede Person mit dieser Erkrankung verdient eine individuell zugeschnittene Therapie, die nicht nur die Haut, sondern auch die Lebensrealität in den Mittelpunkt stellt. Nur durch eine sorgfältige Diagnostik, empathischen Dialog und die konsequente Nutzung moderner Behandlungsmöglichkeiten lassen sich wirkliche Fortschritte erzielen. Es liegt an uns allen – Ärztinnen, Therapeutinnen und Patient*innen –, gemeinsam diesen Weg zu beschreiten und nicht die Hoffnung aufzugeben. Denn Psoriasis muss kein Schicksal bleiben, sondern kann mit dem richtigen Konzept zur kontrollierbaren und beherrschbaren Herausforderung werden.

Quellen:

SpringerMedizin: Therapiestrategien bei Psoriasis vulgaris. 2025. https://www.springermedizin.de/therapiestrategien-bei-psoriasis-vulgaris/50667238 (abgerufen am 06.08.2025).

SpringerMedizin_Die Dermatologie: Therapie der Psoriasis vulgaris. 2024. https://www.springermedizin.de/psoriasis-vulgaris/psoriasis-inversa/therapie-der-psoriasis-vulgaris/26829308 (abgerufen am 06.08.2025).

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): S3-Leitlinie Therapie der Psoriasis vulgaris. 2021. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-001 (abgerufen am 06.08.2025).

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