Hidradenitis suppurativa – Wenn Entzündungen das Leben zerstören

Hidradenitis suppurativa
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Wer einmal erlebt hat, wie Patient:innen mit Hidradenitis suppurativa (HS) leiden, versteht, warum diese chronisch-entzündliche Hauterkrankung mehr Aufmerksamkeit verdient. Abszesse, Fisteln und Vernarbungen quälen vor allem junge Erwachsene und das oft über Jahre hinweg. Die Entzündungen in Achselhöhlen, Leisten, unter den Brüsten oder im Genitalbereich führen nicht selten zu sozialem Rückzug und erheblicher Einschränkung der Lebensqualität. Es ist Zeit für neue Behandlungsansätze, denn klassische Methoden bringen oft nur kurzfristige Linderung.

Genetik, Rauchen, Hormone – ein komplexes Puzzle

Die Ursachen der HS sind vielfältig. Neben genetischen Prädispositionen spielen auch epigenetische Faktoren wie Nikotinkonsum, Adipositas und Diabetes eine Rolle. Einige Forscher:innen stellen sogar Parallelen zu Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn her. Trotz der zunehmenden Erkenntnisse bleibt das Verständnis der Krankheitsentstehung lückenhaft, was eine gezielte Therapie erheblich erschwert. Für die Praxis bedeutet das: Risikofaktoren müssen frühzeitig erkannt und adressiert werden.

Hidradenitis suppurativa ist keine Seltenheit

Die Diagnose von HS ist eigentlich simpel – vorausgesetzt, man denkt daran. Typische Merkmale wie tiefsitzende, schmerzhafte Knoten, Fistelgänge oder Narben in klassischer Lokalisation (Achseln, Leiste, submammär) sollten hellhörig machen. Dennoch vergehen im Schnitt sieben bis zehn Jahre bis zur Diagnose und die meisten Patient:innen mit HS haben eine regelrechte Odyssee durch das Gesundheitssystem hinter sich, bevor sie eine korrekte Diagnose erhalten. Gerade Hausärzt:innen und Gynäkolog:innen kommt hier oftmals eine Schlüsselrolle zu.

Laserskalpell statt großem Schnitt – minimalinvasiv gegen die Entzündung

Die herkömmliche chirurgische Therapie von HS reicht von Inzisionen bis hin zu großflächigen Resektionen mit Stomaanlage. Der Preis ist eine hohe Morbidität und ein massiver Einschnitt in die Lebensqualität. Eine vielversprechende Alternative stellt die diode-laserassistierte Fistelbehandlung dar. Durch punktuelle Energieabgabe werden die entzündlichen Gänge verödet, ohne gesundes Gewebe unnötig zu verletzen. Der Eingriff kann ambulant erfolgen – mit minimalem Schmerz und schnellem Return-to-Work.

Technik, die überzeugt – so funktioniert der Lasereinsatz

Mit einer Wellenlänge von 1470 nm wird der Laser retrograd entlang des entzündeten Gangs geführt. Die Energie (5–8 Watt) sorgt für eine thermische Denaturierung der Proteine und damit ein Zusammenfallen des Gangs. Wichtig: Nur vorsichtiges Debridement, keine übermäßige Erweiterung der Fistel und bei größeren Abszessen ist der Laser fehl am Platz. Entscheidend ist die präzise Dosierung, um die Haut darüber nicht zu schädigen. Cold packs helfen dabei, die Epidermis zu schützen.

Der Schlüssel zum Erfolg: Kombinieren, kontrollieren, dranbleiben

Die Lasertherapie kann ein starkes Werkzeug sein, aber sie ist selten als alleinige Maßnahme ausreichend, vor allem nicht bei mittel- bis schwerer ausgeprägter HS. Wer Patient:innen mit HS langfristig stabilisieren will, braucht ein multimodales Konzept. Dazu gehören Antibiotika (z. B. Clindamycin plus Rifampicin), hormonelle Therapien und bei schwererem Verlauf Biologika. Das Teamplay zwischen Dermatologie, Chirurgie und ggf. Endokrinologie sowie eine engmaschige Nachsorge sind essenziell. Rückfälle sind eher die Regel als die Ausnahme.

Patient:innen ernst nehmen und Geduld mitbringen

Ein Satz, den man sich daher auch merken sollte: „HS ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ Der Heilungsprozess kann sich über Wochen ziehen, und auch die beste Laserbehandlung ist keine Garantie für ein Rezidiv-freies Leben. Umso wichtiger ist eine offene Kommunikation mit den Patient:innen, realistische Erwartungen, klare Aufklärung und strukturiertes Vorgehen. Und: Jeder Erfolg zählt. Gerade in Hurley-Stadium I reicht oft eine einmalige Laserintervention für deutliche Besserung.

Was heißt das für den Praxisalltag?

Wer HS früh erkennt und konsequent behandelt, kann Leben verändern. Der Lasereinsatz bietet eine elegante, schonende Option für geeignete Patient:innen – vor allem bei Hurley I und II. Wichtig ist die Auswahl der richtigen Methode, eine gute Aufklärung und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Für alle praktizierenden Ärzt:innen gilt: Augen auf bei chronisch-entzündlichen Hautveränderungen – denn HS ist behandelbar. Und das besser, als viele denken.

Quellen:

Brown et al. (2025): Minimally invasive management of hidradenitis suppurativa using a 1470 nm diode laser: a step-by-step description of our technique. BMC Surgery, DOI: 10.1186/s12893-024-02686-8.

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