Hautkrebs auf dem Vormarsch: Früherkennung ist überlebenswichtig

Ein Melanom in der Haut

Die Zahl der Hautkrebsdiagnosen steigt weltweit und vor allem das maligne Melanom (MEL) bereitet Ärzt:innen große Sorgen. Auch wenn es seltener als andere Hautkrebsformen wie Basalzellkarzinom (BCC), gutartige keratoseähnliche Läsionen (BKL), kongenitale melanozytäre Nävi (CMN) oder allgemein benigne (BEN) Hautveränderungen auftritt, bleibt das Melanom die gefährlichste und tödlichste Variante.

Faktoren wie UV-Strahlung, helle Hauttypen, genetische Dispositionen und Immunsuppression erhöhen das Erkrankungsrisiko erheblich. Gerade in Ländern wie Australien und Neuseeland ist die Inzidenz alarmierend hoch und für 2040 rechnet man global mit über 500.000 neuen Fällen jährlich. Ein Problem: Die visuelle Unterscheidung zwischen gutartigen Muttermalen und bösartigen Läsionen ist oft schwierig. Klassische Diagnosemethoden wie das ABCDE-Schema (Asymmetrie, Begrenzung, Colorit, Durchmesser, Evolution) sind zwar etabliert, aber zeitaufwendig und nicht immer eindeutig.

Neue Wege durch Technik: Deep Learning revolutioniert die Diagnostik

Ein Aufbruch in der Hautkrebsdiagnostik zeichnet sich durch den Einsatz von Computer-gestützten Diagnoseverfahren (CAD) ab. Besonders bildbasierte Verfahren, gestützt durch Deep Learning, ermöglichen eine schnelle, kostengünstige und vor allem präzisere Erkennung von Hautläsionen. Eine aktuelle Studie hat genau das untersucht: Ziel war es, ein mehrstufiges CAD-System zu entwickeln, das Bildvorverarbeitung, Segmentierung und Klassifikation nahtlos integriert.

Dabei kamen neuartige Verfahren zum Einsatz: Etwa eine auf Interpolation basierende Haarentfernung, ein Deep-Learning-Ansatz zur Kontrastverbesserung sowie ein innovatives neuronales Netz mit „Atrous Dilation“ für eine hochauflösende Segmentierung von Hautveränderungen. Die Besonderheit: Das abschließend eingesetzte Deep Convolutional Neural Network (N-DCNN) ist vergleichsweise leichtgewichtig, leistungsstark und erstaunlich effizient.

Klassifikation mit System: Hautläsionen automatisch einordnen

Zunächst wurde in dieser Studie zwischen benignen und malignen Hautveränderungen unterschieden. Im ersten Schritt erfolgte eine Basisklassifikation mit minimaler Vorverarbeitung. Im zweiten, erweiterten Ansatz wurden Störfaktoren wie Haarartefakte entfernt, Kontraste optimiert und Läsionen segmentiert. Für die Haarentfernung wurde das Bild in Graustufen konvertiert, gefolgt von morphologischen Operationen und Schwellenwertverfahren. Um den durch die Haarentfernung oft auftretenden Detailverlust auszugleichen, nutzten die Forscher:innen ein sogenanntes Multiscale Context Aggregation Network (MCAN), das sowohl lokale als auch globale Bildinformationen berücksichtigt. Die eigentliche Segmentierung erfolgte mithilfe eines atrous-konvolutionalen neuronalen Netzes (ACNN), das durch verschiedene Dilatationsraten zwischen Läsion und Hintergrund differenziert. Für die abschließende Klassifikation kam das neu entwickelte N-DCNN zum Einsatz – mit elf Blöcken und rund 3,3 Millionen Parametern ein Leichtgewicht unter den Deep-Learning-Modellen.

Technisch stark – klinisch relevant?

Trainiert wurde das System mit dem ISIC-2020-Datensatz, einem umfangreichen öffentlich zugänglichen Dermatoskopie-Archiv. Nach Entfernung von Duplikaten (Korrelationskoeffizient > 0,99) verblieben 12.882 valide Bilder. Um das starke Ungleichgewicht zwischen benignen und malignen Fällen auszugleichen, wurden künstlich zusätzliche Melanom-Bilder erzeugt. Ergänzend zur Datenaugmentation wurden Parameter wie Lernrate, Batchgröße und Regularisierung feinjustiert.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Bereits mit Rohdaten erreichte das N-DCNN eine Genauigkeit (Accuracy, ACC) von 90,9 %. Nach vollständiger Vorverarbeitung lag die Genauigkeit sogar bei 93,4 %. Weitere Leistungskennzahlen wie Sensitivität (REC), Spezifität (SPE), Präzision (PRE) und F1-Score übertrafen durchweg etablierte Modelle wie ResNet18, Inceptionv3 oder Xception – und das bei deutlich geringerem Rechenaufwand.

Von der Forschung in die Praxis: Was bringt das für Ärzt:innen?

Die Entwicklung von N-DCNN zeigt: Automatisierte Systeme zur Hautkrebsdiagnostik sind keine ferne Zukunftsmusik mehr. Besonders bei der Früherkennung von Melanomen könnte ein solches Deep-Learning-gestütztes System eine entscheidende Unterstützung für Dermatolog:innen darstellen – sei es in der niedergelassenen Praxis, im Screening-Programm oder zur Zweitmeinung. Die niedrige Inferenzzeit, das robuste Verhalten bei Bildartefakten und die hohe Genauigkeit machen es praxistauglich. Die zentrale Frage ist nicht mehr, ob diese Technologien kommen, sondern wann sie Einzug in den klinischen Alltag halten.

Quellen:

Kaur et al. (2025): Advanced Deep Learning Models for Melanoma Diagnosis in Computer-Aided Skin Cancer Detection. Sensors, DOI: 10.3390/s25030594.

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